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These boots are made for walking

26.10.2022 17:42

#freiheit #selbstvertrauen #preis

In diesem Blogartikel erzähle ich dir an meinem eigenen Beispiel

+ wie dein Körper dein Leben spiegelt
+ wie bizarr wir Menschen ticken
+ warum Hoffnung dein größter Feind sein kann
+ was es bedeutet, für dich einzustehen
+ warum Verluste oft Gewinne sind
+ welchen Preis du niemals zahlen solltest


Der Song „These boots are made for walking“ erklang unlängst spontan in meinem Ohr, gepaart mit ein paar Gedanken.

Du kennst das sicher: Wie oft harren wir viel zu lange in Situationen aus, die uns alles andere als guttun, sei es im privaten oder beruflichen Rahmen! Ich glaube, diese Erfahrung mit uns selbst haben wir alle mindestens einmal, eher mehrfach gemacht. Warum tun wir das?

Ich kann ein Lied davon singen! Passt ja, wenn es auch den gegenteiligen Titel tragen würde. Deswegen kann ich diese Frage, von mir ausgehend, recht gut beantworten. Ich habe sie mir oft genug gestellt, allerdings erst, als es nicht umhinkam, mich endlich in Bewegung zu setzen. All die Jahre davor hatte ich nicht hinschauen wollen, aus gutem Grund. Mein gesamtes Leben bestand aus solchen Situationen.

Tatsächlich waren es unter anderem meine Füße, die mir signalisierten, dass ich endlich gehen müsste, wenngleich sie nicht das einzige Körperteil waren, welches schlussendlich sehr deutlich zu mir sprach. Mein Rücken und meine Zähne, sogar meine sonst so stabilen Nägel stimmten mit ein. Ich trug in der Summe eine große Last, hatte wortwörtlich keinen Biss mehr und fuhr meine Krallen nicht mehr aus, so zu viel war mir alles geworden. Nichts half. Mein Leben war geprägt von Schmerzen, und die Zahnarzt-Ordi war zu meinem Zweitwohnsitz geworden.

Ein Implantat, zahlreiche weitere Behandlungen, etliche Infiltrationen in die Rückenmuskulatur und Schmerzinfusionen später war klar: Ich hatte keine Wahl mehr. Ich musste tiefer gehen und das Übel an der Wurzel packen! Ja, die Sprache des Körpers… Meine Zahnwurzeln spiegelten mir das erbarmungslos. Aber auch in mir selbst und meinem eigenen Leben war ich nicht verwurzelt. Das wiederum hatte mit meinen familiären Wurzeln zu tun.

Ich wusste, ich durfte nicht mehr zuwarten und nicht mehr ausweichen. Ich musste losgehen, jetzt! Es war Zeit für eine radikale Änderung aller Lebensbereiche, in denen ich wie erstarrt verblieben war in der Hoffnung, sie würden sich irgendwann bessern. Natürlich taten sie das nicht. Da konnte ich warten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. „Radikal“ kommt von „Radix“, und das bedeutet ebenfalls „Wurzel“.

Inzwischen hat sich mein Körper, kein Wunder, regeneriert. Warum? Weil ich die Dinge endlich in Angriff genommen habe, nachdem ich eingesehen hatte, dass Hoffnung mein größter Feind war. Im Prinzip war sie nur eine Ausrede, um meine Komfortzone, so unkomfortabel sie war (wir Menschen ticken recht bizarr), nicht verlassen zu müssen. Sei ehrlich: Wo machst du das auch?

Vor allem, um nun auf die obige Frage zurückzukommen: Warum tun wir das? Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, es gibt mehrerlei Gründe dafür, die jedoch zusammenhängen.

  • Wir haben Angst. Davor, das Bekannte und damit unser Sicherheitsgefühl zu verlieren. Sei es hinsichtlich der Finanzen, des bislang Gewohnten oder der Menschen aus dem Umfeld, selbst wenn dieses toxisch für uns ist und jeder Lösungsversuch gar über Jahre hinweg gescheitert ist, was unsere Last mit jedem Mal noch vergrößerte.
  • Wir sind faul. Schlicht und ergreifend faul. Das will keiner von uns hören, aber so ist es. Deswegen arrangieren wir uns mit der unkomfortabelsten Komfortzone, wie oben bereits erwähnt. Komfortzone bedeutet, dass wir uns nichts Neues überlegen und aufbauen zu müssen. Wir gehen kein Risiko ein, weil wir nicht wissen, ob wir nicht letzten Endes verlieren werden. Zwar verlieren wir auch genau dort, wo wir uns "zu Hause fühlen", nämlich uns selbst und unsere Selbstachtung. Aber wenigstens sind wir mit den Gegebenheiten vertraut. Einen neuen Beruf lernen, wo wir den alten im Tiefschlaf beherrschen und alles aus dem Ärmel schütteln? Den Partner verlassen, der uns gar nicht mehr liebt oder wir ihn? Wer weiß, ob wir je einen neuen finden? Wir haben keine Garantie. Also bleiben und hoffen wir weiter.
  • Gesellschaftlicher Druck ist ein dritter nennenswerter Grund. Du hast gut verdient und kündigst, obwohl du nichts anderes in Aussicht hast. „Arbeitslos“ hat im Beigeschmack etwas von einem Schimpfwort. Du wirst immer wieder gefragt, ob du schon etwas Neues hast, dies mit einem kleinen Unterton von „gefälligst“ oder einem entsprechenden Mikro-Ausdruck im Blick. Du sollst nicht schmarotzen. Das wird als unhörbare Botschaft mitgesendet. Natürlich hast du dann auch weniger Geld. Sozialer Abstieg statt Aufstieg geht gar nicht. Das ist für viele von uns unvorstellbar. Wie stehen wir denn da?

„Steh für dich ein“ ist schnell gesagt. Getan ist es weniger leicht. Alles hat seinen Preis. Es kommt darauf an, welchen man eher zu zahlen bereit ist. Mich hat mein Einstehen für mich fast alles gekostet: Meinen sicheren, inzwischen gut bezahlten Job, eine kleine Zweitwohnung, die ich verkaufte, um mich finanziell freizuschaufeln, meine Familie, einige sogar langjährige Freundschaften, den Kontakt mit meinen früheren Arbeitskolleginnen und -kollegen, kurz: mein gewohntes Leben und Umfeld. Partner hatte ich sowieso keinen. Es war ein Sprung ins kalte Wasser, und das ganz allein.

Hätte ich es nicht getan, hätte ich aber mit meiner Gesundheit oder gar meinem Leben bezahlt. Ich spürte, würde ich weiterhin in schädlichen Konstellationen bleiben, würde ich ernsthaft krank. Entweder bekäme ich bald einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder eine Krebserkrankung serviert.

Diesen Preis zu zahlen, war es mir nicht wert und sollte es niemandem wert sein! Schon gar nicht für Menschen, die einen dann, wie sich mir wenig überraschend zeigte, sowieso nicht unterstützen, wenn man sich in einer schwierigen Lage befindet und es einem schon richtig schlecht geht, und auch nicht wegen eines Jobs, für den man sich jahrelang oder gar jahrzehntelang aufgeopfert hat (großer Fehler!) und wo dann kein Hahn mehr nach einem kräht, aus den Augen, aus dem Sinn.

Ich muss dazusagen, ich bin 53, nicht 35. Schmeiß da mal deinen Job hin und nimm darüber hinaus den Verlust deines (geglaubten) privaten Fangnetzes in Kauf! Da gehst du wirklich nur durch, wenn der Hut brennt. Nichts anderes bleibt dir übrig, als immer weiterzugehen, über Stock und Stein, aber wissend, dass du es für dich tust, und das hilft enorm! Es lässt dich jeden Berg erklimmen, der sich vor dir auftürmt.

In meinem Fall war es zudem nicht bloß ein Ausstieg aus einem Job an einem bestimmten Arbeitsplatz, wo man mit 50+ „nur“ einen anderen in der Branche zu finden braucht. Es war tatsächlich ein Ausstieg aus meinem Beruf als solchem, denn es gibt nur einen Arbeitgeber dafür, und das ist das Schulsystem. Genau jenes hatte sich in eine für mich krankmachende Richtung entwickelt. Ich musste also in einem anderen Bereich bei null beginnen, und das tat ich.

Letzten Endes war mir all das zweitrangig. Viel wichtiger war, dass ich endlich für mich da war, meine Bedürfnisse nicht mehr ganz hinten anreihte, anderen nicht länger den Hampelmann, den Fußabstreifer und die Marionette für ihre Erwartungen machte. Und das fühlt sich gut an, so gut, dass ich mir nach wie vor jeden Tag dankbar dafür bin, und das seit bald einem Jahr!

Nun wartest du sicher darauf, dass ich dir von meinem Happy End erzähle, besonders dann, wenn dich meine Schilderung vielleicht zum Nachdenken über den einen oder anderen Bereich deines eigenen Lebens gebracht hat. Es ist beruhigend, Erfolgsgeschichten zu hören, bevor man auch nur andenkt, in den eigenen Schuhen loszugehen und ungute Dauerzustände hinter sich zu lassen.

Da muss ich dich enttäuschen. Ich habe nach einem halben Jahr Ausbildung an die vierzig Bewerbungen geschrieben. Ich bin nicht mehr jung, gleichzeitig aber noch unerfahren im neuen Bereich. Das ist keine so bestechende Mischung. Alle erwarten sich Berufserfahrung von dir, aber keiner ermöglicht dir, sie überhaupt zu erwerben, und wenn doch, wird Neuling automatisch mit jung gleichgesetzt.

Mit den verlorenen Freunden versöhne ich mich nicht. Abgesehen davon, dass sie sowieso keine Anstalten in die Richtung machen, steht für mich fest: Wer mich in einer derart herausfordernden Lebenssituation hängenlässt, mit dem will ich keinen Umgang mehr pflegen. Das gilt auch für die Familie, für diese erst recht!

Die echten Freundschaften blieben und wurden umso stärker. Jene anderen aber hatten schon davor nur davon gelebt, dass ich mir alles gefallen ließ – oder lassen musste, wie ich damals noch glaubte. Ich muss nichts dergleichen! Heute weiß ich das und ich lebe danach. Ein Segen!

Das ist mein Happy End. Gelebte Selbsttreue, sogar um einen scheinbar hohen Preis, der bei genauerem Hinsehen eine Befreiung aus schädlichen Mustern und Verstrickungen ist. Schön war es trotzdem nicht zu erleben. Es war ein böses Erwachen. Bei allen auch scheinbaren Verlusten, die ich einzustecken hatte, ist mein vorläufiges, aber nicht minderes Happy End, dass es mir deutlich besser geht als zuvor,

  • weil ich mich nicht mehr selbst verrate
  • weil ich meine Würde wiedergefunden habe
  • weil mir nichts mehr so schnell Angst macht, nachdem ich all das durchhabe
  • weil ich die Energie und Ruhe gewonnen habe, mich endlich um mich zu kümmern
  • weil ich mir nie mehr von egal wem auf den Kopf kacken lasse und noch danke sage
  • weil ich zehn Kilo angefressenen Schutzpanzers abbauen konnte
  • und weil ich keine Schmerzen mehr leide oder gar um mein Leben bangen muss.

Wenn es das nicht wert ist, was dann? Wirf gerne nochmals einen Blick auf den Titel!

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26/10/2022 – Made4Gravity© by Astrid Schernhammer Bild der Autorin


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