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Teilzeit-Schmäh und Alter im Job

12.02.2023 16:16

#stellenmarkt #vollzeitinteilzeit #altersdiskriminierung

In diesem Blogartikel geht es um Jobs, in denen

+Arbeit im Ausmaß eines Vollzeitjobs geleistet werden soll, jedoch im Rahmen von Teilzeit und damit nur für einen Teil des Gehalts

+die bloße Tatsache, dass das Team aus jungen Menschen besteht, als Benefit angesehen wird und das gleich an potenzielle Bewerber:innen kommuniziert wird

+oder gar beides

Zum zweiten Punkt schicke ich voraus, dass ich überhaupt nichts gegen junge Menschen habe oder neidisch wäre, ganz und gar nicht. Ich möchte aber ebenso auf Augenhöhe behandelt werden und wünsche mir, dass man mir auch vorurteilsfrei begegnet. Einzig darum geht es.


Kürzlich habe ich auf LinkedIn einen Post über eine Teilzeit-Falle bei doppeltem Stress für junge Mütter gelesen. Diese Falle gibt es jedoch auch unabhängig von einer Mutterschaft (oder seltener: Vaterschaft).

Ich habe das erlebt, nämlich dass ich sogar nur 10 Wochenstunden zur Verfügung hatte, das meiste davon noch dazu von Anfang an remote, also weitestgehend alleingelassen in einem mir neuen Bereich. Damit meine ich nicht einfach eine neue Stelle, sondern tatsächlich eine Branche, in der ich erst frisch eine Ausbildung absolviert hatte.

Man kann sich leicht ausrechnen, wie viel Einarbeitungszeit man bei 10 Wochenstunden etwa innerhalb eines ganzen Monats hat. Ein Monat wirkt lange, aber de facto ist es so viel, wie man bei Vollzeit in gerade mal einer Woche zur Verfügung hätte. Da bereits alles (wie routiniert) schnell und bestens hinzukriegen, wird offenbar auf Basis dieser nur scheinbar langen Dauer dann doch erwartet.

Übrigens wurde in mein Arbeitszeugnis geschrieben, ich hätte Dinge "mit großer Sorgfalt erledigt". Übersetzt für Recruiter bedeutet das nichts anderes als umständlich und perfektionistisch. Ja, stimmt. Ich habe das damals sogar selbst angesprochen, mitsamt den Umständen, die dazu führten, dass ich lieber alles dreimal überprüfte.

Perfektionismus entsteht bei mir (sicher auch anderen) nur aus dem Gefühl, es nicht rechtmachen zu können. Dieses kommt nicht von irgendwo, nicht von selbst oder allein aus mir selbst. Es ist mir ganze zweimal im Leben passiert, weil es da tatsächlich nicht möglich war, die Erwartungen erfüllen zu können. Trotzdem wurde es in mein Zeugnis geschrieben. Dort kommt es natürlich so rüber, als sei das meine Natur. Es verbaut mir mit über 50 weitere, eh schon wenige Chancen. Herzlichen Dank für die Fairness!

Auch lese ich in manchen Stellenanzeigen für Teilzeit-Jobs eine schwindelerregende Liste dessen, was alles zum Aufgabengebiet gehören soll. Ich glaube nicht, dass mich mein Eindruck täuscht, dass man in dem Fall für die Hälfte des Gehalts dasselbe leisten soll wie in Vollzeit. Daher ist es wichtig, da genau zu schauen oder das gleich im Vorfeld zu besprechen.

Apropos Stellenanzeigen: Hinzu kommt bei mir, dass ich schon da immer wieder auf Altersdiskriminierung stoße. Wie bereits in einem Starseed-Impuls erwähnt und leider kein Einzelfall, ist oftmals die Rede von einem jungen Team, und zwar (das ist das Problematische daran) unter den Benefits, die das Unternehmen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bietet! Was bedeutet das, und warum finde ich es ganz und gar nicht in Ordnung, wenn das unter diesem Punkt angeführt wird?

Machen wir zur Veranschaulichung ein kleines Gedankenexperiment und begeben uns der Einfachheit halber in die USA. Stell dir vor, ein Unternehmen schreibt dort in einer Stellenanzeige unter den Benefits, also den Vorteilen, die Bewerberinnen und Bewerber erwarten können: „Weißes Team“! Da erschaudert man, oder? Undenkbar wäre das, es sei denn, es handelt sich um Recruiting für den Ku Klux Klan!

Aber ganz allgemein gesprochen: Da wäre weiß also besser als schwarz, genauso wie hierzulande vielfach jung besser ist als älter. Ich sehe keinen Unterschied von der Botschaft her. Es gibt auch keinen. Diskriminierung ist Diskriminierung. Bei mir kommt die Message jedenfalls an, tut also ihre Wirkung.

Das bedeutet, ich bewerbe mich nicht mehr auf solche Stellen. Anfangs habe ich das trotzdem noch versucht, wurde aber jedes Mal gleich abgewiesen, sogar dort, wo mein Profil ansonsten genau gepasst hätte. Quod erat demonstrandum, kann man da, wenig überraschend, nur sagen. Inzwischen verplempere ich nicht mehr meine Zeit, mich entgegen der Botschaft zu bewerben, die ja von vornherein klarmacht, dass ich unabhängig von meiner Qualifikation einfach nicht in Frage komme. Ziel erreicht, so gefinkelt wie effektiv.

Da und dort mag vielleicht wirklich nur gemeint sein, dass das Team kein alteingesessenes, starres sei, welches wenig offen für Neues bzw. Neulinge wäre. Manchmal aber wird tatsächlich als Stärke hervorgehoben, wie jung doch die Mitarbeiter:innen selbst seien. Und dann gibt es noch jene Inserate, in denen zwar nicht ausgesprochen, aber klar erkennbar suggeriert wird, welche Altersgruppe man anheuern möchte und welche nicht. Im ersten Fall handelt es sich bestenfalls eine zweideutige und damit sehr unglückliche Formulierung, denn wissen kann man nicht, was nun tatsächlich gemeint ist. Im zweiten und dritten möchte ich an ein Faktum erinnern:

Diskriminierung, auch auf Grund des Alters, ist in Österreich verboten. Es scheint bei „Junges Team“ als angepriesener Stärke des Unternehmens zunächst unbeabsichtigt und harmlos, doch der Vergleich mit Rassendiskriminierung macht deutlich, was Sache ist.

Wem ein anderer Vergleich besser gefällt, ersetzt gerne „weiß“ durch „christlich“, „männlich“ oder sonst was als Benefit. Nichts dergleichen ginge gesellschaftlich noch durch, aber beim Alter schon. Nicht ok!

Randbemerkung zum Schluss: Auch die heute Jungen werden einmal älter sein. Was dann, wenn wir es so stehenlassen?

Was viele jetzt noch junge Menschen vergessen: Später einmal betrifft es sie selbst. Das Altern ist unaufhaltsam, zumindest jenes auf dem Papier. Es ist in dem Fall das Einzige, was zählt – nicht, wer du bist, und nicht, was du kannst, sondern das, wofür du nichts kannst und wogegen auch du nichts tun kannst.

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Einen Nachtrag möchte ich ergänzen. Die positiven Gegenbeispiele sollen nämlich keinesfalls unerwähnt bleiben, denn sie sind eine Wohltat! Ich schätze es vor dem hier geschilderten Hintergrund ungemein, wenn ein Unternehmen nicht nur Aussagen zum Alter des Teams einfach weglässt (so superwichtig ist das ja auch nicht) oder gar ganz explizit alle einlädt und im Sinne einer Gleichbehandlung auf-zählt, was alles nicht zählt.

Ich will hier aus einem aktuellen Stelleninserat der Firma TPA Austria zitieren: "Wir bieten allen Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht, ethnischer oder nationaler Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung die gleichen Chancen und freuen uns über Bewerbungen von Menschen mit besonderen Bedürfnissen."

Das nenne ich eine echte Klarstellung und ein sehr schönes, kraftvolles Statement. Danke! Es tut gut, sich nicht wie ein Mensch zweiter Klasse vorkommen zu müssen!

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12/02/2023 – Made4Gravity© by Astrid Schernhammer


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