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Sie wollen nicht Vollzeit arbeiten - Teil 1

04.03.2023 11:28

#vollzeitproblematik #ursachen #hintergründe

In dieser Serie geht es um nicht beleuchtete Hintergründe zu der heißen Debatte darüber, warum viele junge Menschen nicht mehr Vollzeit arbeiten wollen. Wieder wird nur an Oberflächlichem herumgedoktert.

In diesem ersten Teil erfährst du,

+ warum viele Junge nicht mehr Vollzeit arbeiten wollen
+ und wie wir das Problem selbst erschaffen haben

Wenn du selbst jung bist, viel leistest und dich in den Diskussionen darüber ungerecht behandelt fühlst, wirst du dich beim Lesen dieses Artikels vielleicht auch wieder mitgemeint fühlen. Aber keine Sorge! Du kommst auf deine Rechnung. Hab den Mut und das Vertrauen, bis zum Ende zu lesen!

[Randbemerkung vorweg: Dieser Text entstammt, wie gehabt, zu 100 Prozent meiner eigenen Feder. Aus Neugierde habe ich ihn probehalber von ChatGPT „optimieren“ lassen. Heraus kam ein aalglattes, politisch korrektes Etwas ohne Seele, jedenfalls ohne meine. Noch dazu wurde der rote Faden so umgebaut, dass teils auch innerhalb einzelner Aussagen etwas völlig anderes dabei herauskam. Ich bleibe also bei meinem Stil – und passend zu diesem Thema beim Selber-Arbeiten.]


Die Jungen wollen immer weniger arbeiten, heißt es. Gleich vorweg: „Die Jungen“ im Kollektiv gibt es nicht. Es ist aber sicherlich eine reale Entwicklung, die unübersehbar ist.

Auf die Frage, warum viele nicht mehr Vollzeit arbeiten wollen, kommen wieder einmal alle möglichen Erklärungen, die, wie gesagt, an der Oberfläche bleiben. Man redet von Steuern und kommt dabei vom Hundertsten ins Tausendste. In die Tiefe, auf die Wurzel schaut niemand.

Einen wesentlichen Anteil hat das Schulsystem, obwohl es nicht schuld ist. Es ist nämlich auch nur ein Abbild der Gesellschaft. Diese hat sich stark verändert, das Schulsystem in seinem Kern hingegen nicht. Es ist auch kein Selbstläufer, sondern wird von der Politik gesteuert, und die Politik ist ihrerseits von der Gesellschaft gesteuert. Auch wenn viele es umgekehrt sehen wollen, ist das so, und zwar immer schon. Sogar Diktatoren wären ohne die passenden gesellschaftlichen Entwicklungen nie groß geworden. Ein einzelner Mensch ohne Resonanz und Unterstützung durch Millionen andere kann nicht die Diktatur ausrufen.

Wir haben uns von einer Tun- zu einer Meinungs- und Empörungsgesellschaft entwickelt. Wer sich engagiert und gar noch für seine Arbeit brennt, sei es als Lehrer:in oder in der Politik, bekommt das voll ab. Gerade da bist du mit ständigem Besserwissen durch Laien und zunehmenden Attacken konfrontiert. Ich war 27 Jahre lang Lehrerin. Gegen Ende hatte ich praktisch 200 Chefs, 2 für jedes Kind. Rechtmachen ist unmöglich. Und darum geht es ja nur mehr: Es allen rechtzumachen, denn wehe, wenn nicht, dann geht die Post ab!

Betrachten wir die Gesellschaft und die Schule einmal als 2 Puzzlestücke, die zu meiner Schulzeit und die 10 Jahre danach noch ineinandergepasst haben. Das Ding lief wie eine gut geölte Maschine. Für die Generation davor war Schule noch ein Bootcamp. Da gab es, verglichen mit heute, in die umgekehrte Richtung kein Gleichgewicht in den Machtstrukturen, und damit keine Kooperation. Schule fuhr über die Kinder und deren Eltern drüber. Heute ist es das Gegenteil, und das ist genauso desaströs, wie wir gleich sehen werden. In jener Phase dazwischen aber, von der ich vorhin gesprochen habe, waren die Dinge in Balance. Das war von Erfolg gekrönt, und zwar für alle Beteiligten. In welcher Form, das werde ich ebenfalls gleich ausführen.

Der Wendepunkt kam mit den sozialen Medien. Sie bereiteten den Boden für die eingangs erwähnte Meinungs- und Empörungsgesellschaft. Zusätzlich wurden wir auf Basis des Überflusses immer mehr zu einer passiven Konsumgesellschaft. Sie beruht auf der Arbeit anderer, überhaupt weltweit gesehen. Unser Wohlstand lebt von der Ausbeutung armer Länder. Wir wollen alles geliefert bekommen, was das Herz begehrt, und das für möglichst wenig Gegenleistung. Auch hier gilt: Wehe, eine Kleinigkeit passt nicht! Wir machen es uns bequem und lassen machen, statt zu machen. In dem Gerangel um Kundschaft und Wähler:innen werden wir sogar immer noch mehr gehätschelt.

Diese Entwicklung schlug sich bald von der Vorbildgeneration, den Eltern, auf die Kinder und damit auf die Schule. Er wurde immer weniger selbst geleistet, dafür aber immer mehr eingefordert. Das Ding geriet zusehends in eine Schieflage.

Die Kinder, nicht alle, aber immer mehr, nahmen ebenfalls eine Konsumhaltung ein. Die Lehrer:innen hatten das gefälligst zu kompensieren, damit noch Erfolge erzielt werden konnten. Von oben wurde entsprechend an den Stellschrauben gedreht, sodass das mehr und mehr zur Regel wurde und immer mehr mit immer weniger durchkamen.

Mit Corona kippte es endgültig. Ich arbeitete mich halbtot, und als ich nach monatelangem Fernunterricht endlich real kontrollieren konnte, was die Schüler:innen tatsächlich geübt hatten, stand bei den allermeisten kein einziger Strich im Buch. Inzwischen waren die Machtverhältnisse bereits so verschoben, dass sie sich nicht einmal mehr die Mühe machen mussten, das zu verschleiern, so sehr hatte sich das „Du kannst mir gar nichts und ich tun, was ich will“ eingeschliffen. Viele grinsten mir gar triumphal und etwas hämisch ins Gesicht. Es war der Glanz der Macht, der mir aus den Augen entgegenstrahlte.

Dass ihnen Monate an Übung in einer schwierigen Sprache wie Französisch fehlen würden, war ihnen egal und ihren Eltern genauso. Sie kamen längst damit durch, und weiter zu schauen als über ein Semester oder bloße Noten hinaus, das interessierte keinen. Damit war ich längst allein auf weiter Flur.

In meinen ersten 5 bis 10 Jahren als Lehrerin war Französisch noch ein Fach, das fast nur in der Oberstufe unterrichtet wurde. Nach nur 4 Jahren sprachen meine Schüler:innen gut Französisch, manche sogar fließend! Heute ist das Utopie. Es lag daran, dass jeder seinen Teil beitrug: die Schüler:innen, indem sie ihre Arbeit machten, die Eltern in Form von echter Kooperation im Sinne eines tatsächlichen Lernerfolgs ihrer Kinder und die Lehrer:innen, die ihre Energie noch auf ihre eigentliche Aufgabe verwenden konnten, welche sich in Form der Erfolge ihrer Schüler:innen lohnte. Die Arbeit als Lehrer:in war sinnvoll und sinnerfüllt.

Diese objektive wie subjektive Sinnhaftigkeit nahm bei zunehmendem Kompensieren für das spätere Immer-weniger-Tun vieler Schüler:innen jährlich ab und fehlte oft schon gänzlich. Ich musste mich mehr und mehr noch zusätzlich an ihrer statt anstrengen bis hin zu verausgaben, aber ein solches Kompensieren stößt an eine natürliche Grenze. Es mündete darin, dass ich in einer Anfängerklasse wochenlang nach Kräften versuchte, die Konjugation von „sein“ und „haben“ zu vermitteln, im Präsens wohlgemerkt – „ich bin, du bist, er/sie/es ist,…“ –, doch die meisten konnten sie dann noch immer nicht. Schon im Singular mussten sie überlegen. Vom Plural konnte ich nur träumen. Übertrieben? Leider nein. Vokabel lernten sie auch nicht, egal was ich tat, um sie irgendwie dazu zu bringen.

Am Ende des Jahres konnte kaum einer auch nur einen geraden Satz von sich geben. Und wer war schuld? Natürlich ich. Wer sonst? Die Kinder wussten genau, dass es nicht an mir lag. Ich wusste es ebenfalls. Ich war dieselbe Lehrkraft, die Französisch viele Jahre so ansprechend wie effektiv unterrichtet hatte. Aber schuld ist nur mehr die Lehrerin, für die Eltern und generell die Gesellschaft.

Das Nichts-Tun und Nichts-tun-Wollen wird von den meisten Eltern gedeckt und teils sogar mit Zähnen und Klauen verteidigt. Selbst bei offensichtlichen und egal wie groben Versäumnissen und sogar bei genauso offensichtlichen vorgetäuschten Leistungen ihrer Kinder wird bis zum Äußersten gegangen. Und auch das geht durch.

Fleißige Kinder zahlen drauf, wobei fleißig schon fast als Unwort und altmodisch gilt. Vielfach ist es sogar peinlich, sich als fleißig zu bezeichnen! Man läuft damit Gefahr, Häme und Spott zu ernten. Aber auf einmal sollen dieselben Jungen in der Arbeitswelt fleißig sein wollen…?

Fachlich bewegt sich in der Klasse nichts weiter, und alle Aufmerksamkeit muss zwangsläufig denen gegeben werden, die alles aufhalten und blockieren. Diese werden belohnt, und die, die wollen und tun, quasi bestraft. Viele der Fleißigen fragen sich irgendwann, warum sie sich die Arbeit antun, wenn es ohne auch geht. Zu Recht.

Und dann wundern wir uns über das Ergebnis. Oder hat jemand geglaubt, dass sich jahrelang belohntes Verhalten nach Beendigung der Schullaufbahn plötzlich umkehrt?

Fortsetzung folgt.

[Absurdes Detail am Rande: Ich bin aus dem Beruf ausgestiegen, WILL frisch ausgebildet in einem neuen Bereich Vollzeit oder überhaupt arbeiten und bekomme als „Alte“ keinen Job mehr. 50 Bewerbungen, 50mal ein Nein. Die einen wollen nicht, die anderen wollen und können nicht.]

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04/03/2023 – Made4Gravity© by Astrid Schernhammer


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