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Dark Night of the Soul - Teil 2

12.11.2022 10:05

#seele #krise #freiheit

In diesem Blogartikel erzähle ich dir mehr über

+ das Gefühl, wenn dich der dunkle Tunnel endlich ausgespuckt hat
+ die letzte Stufe kurz davor
+ Dualseelen und ihre Funktion füreinander
+ Liebe, Beziehung und Abhängigkeit
+ den Bodyguard unseres inneren Kindes


Jetzt geht es ans Eingemachte, und es wird heikel. Ich gehe gleich mitten ins Thema, setze mich gleich mitten in die Nesseln, denn es geht in diesem zweiten Teil von „Dark Night of the Soul“ um ein umstrittenes Konzept: die Dualseele.

Ich selbst stand diesem zwiespältig, fast zerrissen gegenüber. Wie mir seit gestern klar ist, lag das daran, dass es eben zumeist als Konzept gehandhabt wird, und die haben grundsätzlich ihre Lücken und Tücken. Ein Konzept ist zu starr. Es ist etwas im Kopf Konstruiertes und bleibt an der Oberfläche.

In der Tiefe verstanden, sieht das anders aus. Das ist gestern passiert. Ohne Zufall war das am Tag des 11:11-Portals, also dem 11.11.2022. Ich kam aus dem Staunen über das fast schon Bombardement mit Synchronitäten und auf mich einprasselnden Antworten, nach denen ich Jahre gesucht hatte, gar nicht heraus. Die Puzzlestücke fügten sich so exakt und schnell zusammen, dass ich kaum mitkam in dem Tempo und oft nur mehr schmunzelte – „in awe“ sagt man auf Englisch. Am besten übersetzt man das wohl mit ergriffenem, ehrfürchtigem Staunen.

Davor passierte ein noch größeres Wunder, das in jeder meiner Zellen spürbar war. Der Tunnel mit eingebauter Zentrifuge, auch genannt Dark Night of the Soul, hatte mich, nachdem er mich zuletzt nochmals kurz eingesaugt hatte, endgültig und für immer ausgespuckt. Und da stand ich nun, frei, erstmals in meinem Leben.

Es fühlte sich neu an und unspektakulär normal. Normal nämlich auf eine zutiefst ursprüngliche Weise. Ich war ich. Die Schichten, die mir wie jedem Menschen im Laufe des Lebens über mein Urwesen gelegt worden waren, waren endgültig abgefallen. Wenn das erst geschehen ist, kommst du nie mehr in den Tunnel zurück. Es ist nicht möglich. Das spürst du zutiefst. Du weißt es einfach. Du brauchst den Tunnel nicht mehr. Er hat seinen Zweck für dich erfüllt.

Der Tunnel ist wie eine Waschmaschine. Er reinigt dich durch. Am Ende kommt der Schleudergang. Da bist du aber bereits in der Hingabe, weil du längst die Erfahrung gemacht hast, dass es nichts bringt, dich dagegen zu wehren. Es bleibt dir nur zu vertrauen. Dennoch ist der Schleudergang ein letzter (in dem Fall dann Kurz-)Trip durch die Hölle. Du bist es aber schon gewöhnt, Angst zu haben, Schmerz zu empfinden und nicht mehr zu wissen, wo oben und unten, links und rechts ist. Es geht rauf und runter und im Loop wie auf einer Achterbahn.

Und dann bist du fertig, in beiderlei Wortbedeutung. Du bist erschöpft, ja. Aber du bist „fertiggebacken“, und das tiefe Wissen darum und Fühlen dessen ist unendlich beglückend. Es ist wie Satori, ein Begriff aus dem Zen. Es ist ein Glück, das durch nichts außerhalb von dir bedingt ist, sozusagen ein Glück aus dem Nichts heraus und als würde alles in und aus dir in Licht erstrahlen, einfach so.

Das ist auch kein Wunder in einer dualen Welt. Nach so viel Dunkelheit braucht es geballtes Licht zum Ausgleich. Dann ebnet und pendelt sich beides auf ein ruhigeres Schwingen zwischen beiden Polen ein.

Dass der Tunnel dich in Etappen bereits vorher ausspuckt, wenn du an sein Ende gelangt bist, dich dann aber wieder kurze Zeit einsaugt, gehört wohl zum natürlichen Prozess. In der Natur gibt es keine klaren Kanten und Grenzen. Ein solcher Weg ist keine geradlinige Autobahn. Aber wenn du endgültig draußen bist, gibt es, wie erwähnt, gar kein Zurück mehr in ihn.

Nun zur Dualseele:

Die Frage, die sich mir beim Niederschreiben dieses Wortes stellte, war gleich einmal, ob es nun zwei Seelen sind oder eine gesplittete. Es ist wohl egal. Es sind auf jeden Fall zwei Menschen, von denen jeder eine Seele hat, jedoch ist alles eins in diesem Universum und darüber hinaus. Gehen wir von zwei Polen aus. Genau das sagt ja das Wort „dual“ aus. Hier auf diesem Planeten gibt es nichts ohne Gegenpol. Wir hätten, um ein banales Beispiel zu nennen, keine Wahrnehmung von hell, wenn es nicht auch den Gegenpol dazu gäbe. Wäre alles hell, wäre das so, als Gegebenheit. Wäre es nur warm, gäbe es kein Gefühl dafür, dass es warm ist, weil wir ja nie die Erfahrung des Gegenpols gemacht haben.

Nennen wir die beteiligten Menschen im Dualseelenprozess also Dualseelenpole. Das trifft es sicher am ehesten. Und mein Dualseelen-Gegenüber nennen wir Alexander. Zwar heißt er nicht so, aber ich gebe ihm dennoch einen Namen, damit ich ihn nicht so umständlich und sperrig „der andere Dualseelenpol“ bezeichnen muss. Der Name passt sehr gut zu dem, wie er sich aus seinem Ego heraus gibt und zumeist wahrnimmt. Gewählt habe ich ihn in Anlehnung an Alexander den Großen.

Ego, das ist auch so ein belastetes und vielfach fälschlich verteufeltes Ding, überhaupt in spirituellen Kreisen, wobei ich hier nicht von den gereiften spirituellen Kreisen rede. Letztere verurteilen das Ego nicht mehr, sondern sehen es als einen Teil von uns mit einer bestimmten Funktion an. Diese ist von unserem inneren System wohlgemeint, wenngleich gut gemeint, wie wir alle wissen, nicht immer gut für uns ist.

Alexander und ich kennen einander seit viereinhalb Jahren. Wir durchliefen die klassischen Stadien des vielfach beschriebenen Dualseelen-Prozesses. Innerhalb dieses Prozesses schwankte ich zwischen Dualseele und Narzisst. Es ist dünnes Eis, auf dem man tanzt. Aber es lässt einen auch nicht los. Alle Versuche, sich daraus abzutrennen, scheitern wiederholt, und zwar beiderseits. Beide lieben und beide leiden. Sie können nicht miteinander und nicht ohne einander.

Gut, das ist in vielen Beziehungen so, doch in einem solchen Prozess geht das noch weiter in die Tiefe. Hinzu kommt, dass man einander die Knöpfe drückt, auch Trigger genannt, wie niemand sonst das je vermochte oder je vermag. Das macht das Ganze natürlich extrem schmerzhaft und führt zu wiederholter Abschottung vom anderen oder subtileren Formen des Rückzugs zum Schutz vor den damit verbundenen hochgeholten Schmerzen.

Trigger ist die nächste Begrifflichkeit, die wir zu oberflächlich gebrauchen. Was genau ist ein Trigger? Das englische Wort bezeichnet den Abzug einer Schusswaffe. Witzig, gerade fällt mir ein, dass Alexander kürzlich dieses Bild gebraucht hat: Er stehe, von mir dahin gedrängt, in einer Ecke, und ich hielte ihm die Pistole an die Brust mit der Drohung abzudrücken (also den Abzug/Trigger zu betätigen). Triggern bedeutet lostreten, aber auch loslösen. Das ist in diesem Zusammenhang wichtig, sich zu merken. Ein Schuss löst sich, sagt man. Der Schmerz ist auch dazu da, etwas in uns bzw. im anderen loszutreten, sodass es sich aus ihm loslösen, ablösen, letzten Endes erlösen kann. Genau darum geht es in dem Prozess.

Jetzt komme ich zum Big Picture über all diese bis dahin verwirrenden Puzzleteile, die sich gestern zusammengefügt haben. Kein Dualseelen-Konzept von außen konnte das je erfassen. Das kann man schlussendlich nur von innen her selbst.

Satori ist auch etwas, das man nur erfahren kann, im engsten Sinne des Wortes. Der Kopf allein ist dafür zu klein. Es braucht dazu das ganze System und Zeit, inklusive des Schleuderns durch die Zentrifuge im finsteren Tunnel und des hellen Lichts der tiefen Liebe, jene wiederum inklusive der dadurch entfalteten Selbstliebe. Ohne Selbstliebe kann sich die Liebe auch nicht voll entfalten. Sie bleibt immer wieder stecken und stößt an Grenzen. Die entfaltete eigentliche Liebe ist grenzenlos und bedingungslos. Beziehungen sind das übrigens nicht. Sie sind 3D. Die Liebe ist an keine Dimension gebunden. Sie ist.

Eine Kleinigkeit bzw. weitere Begrifflichkeit vorweg noch: Wem das Wort Selbstliebe nicht behagt, weil er es mit der negativen Ausformung des Egoismus (es gibt auch eine sehr gesunde Form) verwechselt, der soll es für sich in Selbstachtung ummodeln. Liebe, auch für sich selbst, ist für mich mehr als Achtung, und von der spricht auch das Christentum in seinem Kernsatz: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Es ist eine Gleichung, und Gleichungen sind umkehrbar in der Abfolge. „Liebe dich selbst wie deinen Nächsten“ hat also die exakt gleiche Aussage und Bedeutung. Wer sich aber mit dem stellvertretenden Begriff „Selbstachtung“ leichter tut, okay.

Ich rede jetzt mal von Alexander. In allen wesentlichen Bereichen war es umgekehrt aber genauso. Nur wird es zu verwirrend, wenn ich das an jeder Stelle ergänze. Behalte es bitte einfach im Hinterkopf!

Alexanders Seele sucht mich. Ich triggere die vergrabene Tiefe in ihm selbst. Nach der sehnt er sich in Wahrheit und nach mir eben als besagter Knöpfedrückerin dafür. Genau vor diesem Knöpfe-Drücken aber läuft er davon, so schnell er kann. Wie das? Er sucht es, aber er läuft davor weg, so schnell er kann? Ja. Wer sucht, ist seine Seele. Wer panische Angst davor bekommt, ist sein Ego.

Aus beidem bestehen wir Menschen, und ich betone nochmals, das Ego hat eine Funktion für uns. Es versucht uns vor Gefahren zu schützen, ob realen oder vermeintlichen. Das kann es nicht unterscheiden. Es schützt einfach. Es ist wie ein Bodyguard für unser inneres Kind. Die schlummernden alten Verletzungen, die angetriggert werden, sind genau jene des Kindes in uns.

Festhalten lass mich an dieser Stelle auch kurz, dass antriggern nicht zufügen bedeutet. Die Verletzung ist bereits da, wir haben sie nur weggeschoben, aber dadurch geht sie nicht weg. Sie sabotiert uns von innen und steuert unser Verhalten, weil sie nicht geheilt ist. Sie will gesehen, gehört und letzten Endes geheilt werden. Daher suchen diese verletzten Anteile in uns (auch Schatten genannt, weil ins dunkle Reich dessen verbannt, was wir nicht sehen und spüren wollen) die Trigger, und genau der, den wir zum Wächter darüber erkoren haben, dass diese Anteile nicht berührt werden, unser Ego also, ballert alles nieder, was sich diesem Verlies nähert .

Diesen inneren Kampf projizieren wir auf den, den wir suchen und gleichzeitig abwehren, jenen Menschen also, der uns das spiegelt, ohne ihn bewusst verletzen zu wollen. Wir lieben ihn. Dieses untrennbare Band spüren wir. Es ist wie ein Bungee-Seil, und wir fühlen uns wie bei einem Bungee-Sprung, der nicht mehr aufhört. Wir lieben ihn also, aber wir fürchten uns vor ihm, manchmal verurteilen wir ihn und lehnen ihn ab. Dann lieben wir ihn wieder oder alles gleichzeitig. Schuld daran ist für uns lange Zeit er. Oder sie. Wir können uns das nicht anders erklären. Es muss am anderen liegen. Er holt alles Licht aus uns hervor, aber auch alle Dunkelheit.

Die Angst hat in Wirklichkeit jeder der beiden aber vor der eigenen Tiefe, vorm Brechen des eigenen inneren Damms, hinter den wir unsere verletzten Anteile gestopft haben, auf dass sie nie mehr wiederkehren sollten! Der andere kratzt an diesem Damm, weil er muss, weil er ihn spürt und ihn instinktiv berührt, weil er die Echtheit des anderen spürt, sie liebt und sucht, und genau diese ist hinter dem Damm.

Nun kratzt er oder rennt sogar dagegen an, und der Hüter des Damms dreht durch. In welcher Form sich dieses Durchdrehen äußert, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Im Wesentlichen greifen wir aber auf unsere ältesten Mechanismen zurück: Kampf, Flucht oder Starre. Bei mir war es Kampf. Bei ihm ist es Flucht. Was davon auch immer, es äußerst sich aus Sicht des anderen sehr unschön und fügt ihm Schmerzen zu. Das ist auch der Zweck der Abwehr. Sie ist dann effektiv, wenn der andere Schmerz empfindet. Dann ist er damit beschäftigt, es raubt ihm Kraft, und er lässt für eine Weile von unserem Damm ab.

Die Furcht hat man in Wahrheit vor den eigenen Tiefen, vor dem, was alles hervorbrechen könnte, wenn der Damm bricht, sodass wir darin ertrinken könnten. Wir fürchten uns vor dem freien Fall und Kontrollverlust über unser Leben. Zu Recht, denn als das bei mir einmal losgetreten war, stand mein Leben Kopf, und das in allen Bereichen. Alles darin, worauf ich bis dahin gebaut hatte, zerbröselte mir zwischen den Fingern, und ich konnte nichts tun, nur zuschauen und überleben im Sinne von nicht ertrinken. „Sink or swim“, ein Ausspruch von Frank McCourt. So war das, und es ging ein Jahr lang. Einmal Hölle und retour, bis alles Falsche (das war mir anfangs nicht so klar wie auf der Reise selbst und erst recht jetzt bei Abschluss) gegangen war, sowohl in mir als auch in meinem Außen.

Am Ende war nichts wie vorher. Alles hat seinen Preis. Aber alles hat auch seinen Lohn. Hoher Preis, hoher Lohn. Kein Preis, kein Lohn. Kleiner Preis, kleiner Lohn. Es ist eine duale Welt. Wir aber glauben, wir könnten hohen Lohn erlangen, ohne den Preis dafür zu zahlen oder einen viel zu geringen. Das funktioniert nicht, egal was wir in die Richtung versuchen und uns daran erschöpfen. Am Ende werden wir immer wieder ent-täuscht.

Du willst Licht? Du musst durch den Schatten. Du willst Liebe, nämlich Liebe kriegen? Du musst zuerst selbst zur Liebe werden. Dieser Weg führt nur durch die Selbstliebe. Und der zur Selbstliebe führt durch den Tunnel. Versuchst du das zu überspringen, gibt es keine Liebe, nur kleine Einblicke, wie sich das anfühlen könnte, ähnlich einem Filmtrailer. Er teasert dich an, den ganzen Film anzuschauen. Dazu ist er da, mehr nicht.

Alexander suchte nach mir, ich spürte tiefe Liebe von ihm, und immer schneller zog er sich in sein Schneckenhaus zurück, hatte „keine Zeit“, andere Prioritäten, eine andere (für ihn ungefährliche im Vergleich zu mir) Partnerin, aber das ist ein Thema für sich, welches ich hier nicht näher beleuchte, fand Vorwände, sich mir nicht aussetzen zu müssen, log und verschleierte und mehr dergleichen. Ich spürte das meinerseits immer schneller und deutlicher und verstand es nicht. Ich münzte es auf mich, dachte, er spielte Spielchen mit mir, benütze mich nur als emotionale Tankstelle, was auch so war, aber nicht nur, und liebe mich nicht.

Dadurch, dass ich ihm aber nicht vom Haken kam, wie oben erläutert, und durch den Tunnel geschleudert wurde, gewann ich immer mehr an innerer Sicherheit und Freiheit. Klar, ich wurde immer mehr zu mir selbst. Mein Ego hatte keine Chance mehr. Es stand komplett an in der ganzen Situation und fiel in Brocken von mir ab. Es war im wahrsten Sinne furchtbar zu erleben, aber unendlich heilsam und wertvoll!

Je heiler, stärker und echter ich aber wurde, umso angstmachender war das wiederum für ihn. Je mehr ich die Angst verlor, desto mehr stieg sie in ihm an. Das ist fast so, wie viele Menschen riesige Angst davor hatten, sich mit Covid anzustecken. Sie mieden andere, erst recht jene, die infiziert waren. Ich war mit mir, meiner Echtheit infiziert. Er mied mich immer mehr, hielt mich fern, so gut er trotz des starken Bandes nur konnte.

Zuletzt erreichte er das, indem er nicht mehr wirklich zärtlich zu mir war, ob mit Worten oder Gesten. Er konnte nicht. Er musste mich irgendwie kleinhalten, weil ich ihm schon zu groß wurde, zu bedrohlich. Liebe Worte und Gesten stärken. Das ging nicht mehr für ihn. Andere Wege, mich zu schwächen, gingen nicht mehr auf.

Dieser Blogpost ist schon sehr lang geworden. Aber er liest sich sicher spannend, wenn du selbst betroffen bist. Deswegen habe ich keine Bedenken, dass du hier abbrechen könntest. Ich bin gleich fertig.

Ich brauche Alexander nicht mehr. Er hat mich in den Tunnel geführt. Dazu brauchte ich ihn, nicht wissentlich, aber unterbewusst. Versteh mich nicht falsch, ich meine das anders, viel tiefer, als es vielleicht aufs Erste klingt. Meine Tante, die alles andere als der intellektuelle oder gar spirituelle Typ ist (beides scheut sie eher) sagte vor Jahren zu mir: „Liebe ist, den anderen nicht zu brauchen.“ Das blieb bei mir hängen. Sie meinte damit, dass man den anderen nur seiner selbst wegen einfach liebt und nicht, weil man etwas von ihm will, ihn dahingehend braucht.

Liebe ist das Gegenteil von (auch und erst recht emotionaler) Abhängigkeit. Alles andere ist, ohne dass man es bemerkt, ein Instrumentalisieren und Benutzen des anderen für sich selbst, zumeist um einem dabei zu helfen, die eigenen Wunden, von denen ich vorhin gesprochen habe, verdeckt zu halten. Das ist keine Liebe. Einer klebt nur dem anderen ein Pflaster auf eine eiternde Wunde. Die Liebe aber löst aus, dass man mit dem Skalpell darangeht und sie ausreinigt. Mit einem bloßen Pflaster wird mit der Zeit nur alles noch schlimmer, aber so schleichend, dass wir es lange nicht bemerken und am Schluss überrascht sind, warum da keine „Liebe“ mehr ist. Es war nie Liebe, es war Zweckdienlichkeit an der Oberfläche.

Ich muss Alexander nicht mehr suchen, kann frei sein und mit dem Leben fließen. Ich werde ihm auch nicht mehr den Weg leuchten. Solange ich ihm mit der Taschenlampe nachrenne, um ihm zu leuchten, rennt er vor der Taschenlampe weg. Knipse ich die Lampe aus, wird es dunkel für ihn. Dann ist er im Tunnel. Wenn das Sehen wegfällt, muss er nach innen gehen und sich vortasten. Er muss durch die Angst gehen. Er hat gar keine Wahl mehr. Etwas in ihm wird ihn dazu antreiben.

Das sage ich nicht, weil ich ihn aus Gemeinheit im Stich lasse. Aber letzten Endes muss jeder für sich selbst und aus eigenem inneren Antrieb und eigener Kraft durch den Tunnel, um frei zu werden. Seine Aufgabe für mich ist erfüllt. Er hat mich da hinein- und durchgetrieben. Wie hat er das getan? Er hat mich dabei im Stich gelassen. Hätte er mich an der Hand geführt, wäre es nicht möglich gewesen. Tunnel und bequem gehen nicht zusammen, weil du kein volles Vertrauen entwickeln musst, in dich und in das Leben und seine Gesetzmäßigkeiten. Der andere begleitet dich ja und hält deine Hand. Er kann dich nicht durch den Tunnel leiten oder gar zerren. Er muss dich loslassen und auch seinerseits auf dich und deine Kraft, auf den Antrieb deiner Seele vertrauen.

Das ist meine Aufgabe für ihn. Ich möchte es auch aus anderem Grund nicht anders, nämlich wegen mir selbst. Ich setze mich hier auf 3D, als Mensch aus Fleisch und Blut, diesem sinnlosen Drehen im Kreis mit all seinen hässlichen Begleiterscheinungen nicht mehr aus, den Lügen, der Lieblosigkeit, dem Verbarrikadieren vor mir und alldem. Es sind nur seine Abwehrmechanismen, und solange er sie mit mir durchexerzieren kann, solange bekomme ich sie ab, ohne dass er losgehen muss hinein in seinen Tunnel. Damit ist niemandem gedient, ihm nicht und mir nicht.

Er spürt, dass er jede Kontrolle über mich verloren hat, weil ich jetzt draußen bin aus der Dark Night of the Soul und in Freiheit, tiefster innerer Freiheit. Jetzt versucht er alles, was er in der Trickkiste hat, um mich doch noch unter Kontrolle zu bekommen. Ich hole mir Popcorn (ohne das zynisch zu meinen) und beobachte das mit einem amüsierten Schmunzeln, denn es ist ein Spektakel. Die Palette reicht innerhalb kürzester Zeit bereits von herrischem Gebaren über Schwurbeln und Verwirren, Provokation durch emotionale Verletzung, ins Lustige ziehen bis zu demonstrativer Akzeptanz in Form von „Lösch meine Nummer“.

Es kommt sicher noch mehr, bis er durch ist und erkennt, dass alles ins Leere geht, weil ich ihn jetzt endlich einfach nur liebe, aber nicht mehr brauche und all das nichts mehr bei mir auslöst. Das ist mir an mir komplett neu. Es ist die Freiheit nach dem Tunnel. Ich brauche keine Trigger mehr, die mich durch den Tunnel treiben. Ich bin ja schon durch. Ich habe nicht einmal mehr den Impuls in mir, auf egal was davon zu reagieren.

Ich habe ein Statement abgegeben, als er mich emotional verletzten wollte. Dann sah ich, wenig überraschend, dass er keinen Zugang zu dem hat, was ich ihm rückmelde, und habe es gelassen. Erfahrungen wie diese kann er nur selbst machen. Ich kann ihm hier gar keinen Weg leuchten. Es ginge nicht, und es ist gut so. Er hat es instinktiv, als ich durchgehen musste, genau richtig gemacht, indem er mich hängenließ, wie gesagt. Nur so konnte ich den Weg in meine Freiheit von uralten Schmerzen und daraus entstandenen, mich und alles sabotierenden Mustern finden.

Ich fühle mich wie Neo aus dem Film „Matrix“ (ein sehr bezeichnender Titel), der dasteht und neugierig die auf ihn abgefeuerten Kugeln betrachtet, die vor ihm stehenbleiben, weil er einfach die Hand vor ihnen hebt. Er pickt sich eine heraus und begutachtet sie von allen Seiten, lächelt fast dabei. „Your mind makes it real“, sagte Morpheus zu ihm. Welch wahrer Satz und Kernsatz des Lebens! Unser Denken erschafft unsere Welt, ob die inneren Gespenster oder unsere Freiheit. Wir erschaffen sie. Alles um uns folgt dieser Kreation und spiegelt sie uns.

Ja, Alexanders Seele liebt mich. Das war von Anfang an so und für mich sehr stark spürbar. Sie sucht mich als Trigger, denn sie sucht Wege, von ihm gesehen, gehört, freigelassen, entfaltet und gelebt zu werden. Der Tunnel hat ihn bereits halb eingesaugt. Noch stemmt er sich mit aller Kraft dagegen. Hört er nicht bald damit auf, wird es anstrengend für ihn. Gegen den Sog kann er nicht gewinnen. Noch glaubt er das aber. Sein Bodyguard, das Ego, schießt mich nieder, fürchtet den Trigger wie der Teufel das Weihwasser. Es ist in Not. Ich habe dasselbe getan. Er schießt sogar die eigene Seele nieder, jedoch ist die auch wie Neo. Sie ist unsterblich.

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12/11/2022 – Made4Gravity© by Astrid Schernhammer


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